Die Glocke · Rheda-Wiedenbrück · Donnerstag, 20. Juli 2023
Seit zehn Jahren sammelt die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) Wiedenbrück ausgediente Brillen in Eigenregie.
Rheda-Wiedenbrück (gl) Die Aktiven arbeiten mit dem Deutschen Blindenwerk im Rahmen der Aktion „Brillen weltweit“ in Koblenz zusammen. Zeit für eine Bilanz.
Der Langenberger Franz Linnemann gehört zum Vorstandsteam der KAB Wiedenbrück. Die Brillensammlung ist sein Projekt, für das er sich voll und ganz einsetzt. Im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet er, was ihn bewegt und nicht müde werden lässt, immer wieder aufs Neue dafür Werbung zu machen, Menschen gezielt anzusprechen und auch Fahrten auf sich nimmt, um Brillen abzuholen.
„Die Werte der KAB sind mir praktisch in die Wiege gelegt worden. Mein Vater war dort sehr aktiv. Das hat mich geprägt. Ich habe schnell erkannt, dass es wichtig ist, mich ehrenamtlich zu engagieren. Denn es gibt viele Menschen auf der Welt, die in Not sind“, sagt der 77-Jährige, der in jungen Jahren von der Piuskirche ins nahe gelegene Langenberg an den Allerbecker Weg gezogen ist.
Auch wenn ihm das Brillensammelprojekt ganz besonders am Herzen liegt, sind es auch andere sozialkritische Themen wie menschenwürdige Arbeitsverhältnisse, die zunehmende Plastikvermüllung und die Not in der Welt, die ihn umtreiben.
Das Leitungsteam der KAB trifft sich regelmäßig. Dann werden Radtouren, Besichtigungen und Vorträge für die Mitglieder vorbereitet und organisiert. Linnemann ist es wichtig, dass es manchmal nur gesellige Treffen gibt, bei denen sich die KAB-ler unterhalten können. Auch das ist für ihn KAB.
In das Brillenprojekt ist er quasi reingewachsen. Früher hat die KAB das zusammen mit dem Lions- Club gemacht. Der hatte die Brillen aufbereiten lassen. Das wurde irgendwann zu kostspielig und das Projekt schlief ein. Nicht aber für Linnemann. Er recherchierte und stieß auf „Brillen weltweit“. Seitdem sammelt er in Eigenregie weiter.
Erst kürzlich hat er wieder 6000 gebrauchte Sehhilfen an den Koordinator der Aktion „Brillen weltweit“ übergeben. Johannes Klein holte die zahlreichen Kartons bei Linnemann ab und staunte nicht schlecht, dass es wieder eine so große Anzahl war.
Dank der gespendeten Brillen ist es möglich, dass Kinder wieder in die Schule gehen und Erwachsene wieder arbeiten können, um die Familie zu ernähren. Die Aktion ist in Europa das größte Aufbereitungsprojekt für alte Brillen. Alle Sehhilfen werden gereinigt, gerichtet, vermessen, mit Brillenpass und Lagernummer versehen und auf Excel-Listen verzeichnet.
Ausrangierte Exemplare nicht wegwerfen
Rheda-Wiedenbrück (gl). „Die gelieferten Brillen bekommen einen absolut gebrauchstüchtigen Zustand“, sagt Linnemann. Das sei wichtig, denn: „In vielen Ländern und Regionen sind weder Augenoptiker noch Brillen verfügbar. Derweil befinden sich in vielen Haushalten der wohlhabenderen Länder viele ausrangierte Brillen, die keine Verwendung mehr finden, aber Bedürftigen, die sich keine Sehhilfe leisten können, immens helfen würden.“
Tausenden, vielleicht sogar Millionen Fehlsichtigen wurde bereits geholfen. Dennoch bleiben viele Millionen Menschen, die noch darauf warten, eine passende Sehhilfe zu bekommen. „Jede Brille ist wichtig“, sagt Linnemann. Dabei sei es egal, ob es sich um eine Lese-, eine Gleitsicht oder Sonnenbrille handelt, unterstreicht Linnemann.
Die KAB Wiedenbrück hat dafür Sorge getragen, dass Sammelbehälter in den katholischen Kirchen in Mastholte, Langenberg, St. Pius Wiedenbrück und St. Vit aufgestellt wurden. Die Rheda- Wiedenbrücker Optiker sind zum Teil ebenfalls an Bord und sammeln mit. Andrea Michalske vom Reisebüro Startklar in Oelde hatte von der Aktion gehört und gleich eine Sammelbox in ihrem Ladenlokal aufgestellt.
„Immer wieder liegt ein Tütchen vor meiner Tür mit abgegebenen Brillen“, freut sich Linnemann. Es könnten gar nicht genug sein. In den vergangenen zehn Jahren kamen mehr als 50 000 Exemplare zusammen. Vielen Tausend Menschen mit einer Sehschwäche in der Dritten Welt konnte geholfen werden.
„Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, ausgediente Brillen nicht in den Müll zu werfen, sondern sie abzugeben. Auch Hörgeräte werden benötigt“, unterstreicht Franz Linnemann. Sie seien ebenso wichtig wie die Brillen, sagt Linnemann, der selbst ein Hörgerät trägt. Das Sammeln geht weiter. Auf dem Pfarrfest von St. Pius wird die KAB mit einem Stand vertreten sein und dort Brillen sowie Hörgeräte annehmen.
Texte und Fotos: Waltraud Leskovsek